Der alte Elbtunnel Hamburg

eine Arbeit von Finn Glowatzki und Maksym Kostkiewicz

Geschichte

Im November 1906 wurde der Bau eines Tunnels unter der Elbe, als Verbindung der beiden Stadtteile St. Pauli und den Industrie- und Hafengebieten Steinwärder und Kuhwärder, beschlossen. Der Hamburger Bausenat wollte die zu dem Zeitpunkt bestehende Verbindung mit Fährschiffen für den Personenverkehr und eine landfeste Verbindung durch eine am oberen Ende der Seeschiffhäfen existierende Brücke für den Materialverkehr ablösen. Die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Fähren und die der Brücke waren unzureichend für den Personen- und Materialtransport und sollten einer besseren Lösung weichen.

Zum damaligen Zeitpunkt gab es mehrere Lösungsvorschläge für dieses Unterfangen.

Eine vorgeschlagene Brücke wäre aufgrund der vorhandenen Platzverhältnisse nicht wirtschaftlich gewesen. Ebenso hätte sie dem Wunsche des Senats einen reibungsfreien Schiffsverkehr auf der Elbe herzustellen nicht genüge geleistet.

Der Vorschlag größerer Fährschiffe hätte zwar den Personenverkehr besser regeln können, wäre aber der Forderung nach Entlastung des Verkehrs auf der Elbe ebenso nicht nachgekommen.
Dem Senat war es wichtig eine andauernde, beständige Verbindung für den Personen- und Materialverkehr, sowie einen reibungsfreien, nicht durch kreuzende Fähren behinderten, Schiffsverkehr herzustellen.

Die Lösung aller Probleme brachte dann, nach mehrjährigen Verhandlungen, der Vorschlag des damaligen Baurats Wendemuth mit einem Tunnel unter der Elbe.

Planung und Bauausführung

Es gab bis dato nur geringe Erfahrungen im Bereich des Unterwassertunnelbaus in Deutschland und somit sollte der Tunnel zu einem Meilenstein in der Geschichte der deutschen Ingenieurbaukunst werden.
Als planende und ausführende Firma hatte die Holzmann AG schon ein paar Jahre zuvor den Stralauer Tunnel als einen Unterwassertunnel ausgeführt und so war es möglich auf diese Erfahrungswerte zurückzugreifen, wenngleich die Größenverhältnisse beider Vorhaben immens voneinander abwichen.

Der Bau des Elbtunnels teilt sich in drei verschiedene Bauabschnitte und Bauverfahren. Der Schacht St. Pauli als verhältnismäßig einfaches Bauwerk, der Schachtbau Steinwärder als komplizierteres Bauwerk und der Tunnelvortrieb als der schwierigste Teil dieser drei Aufgaben.

In der Tunnelstrecke findet sich bei St. Pauli am nördlichen Ufer in der Tiefe ein tertiärer Ton mit überlagerten sandigen Mergelschichten vor. Der dort vorgefundene Ton lag teilweise so fest, dass er gesprengt werden musste. Auf ein drittel der Tunnellänge fällt die Tonschicht steil ab und wird dort von diluvialen und alluvialen Anschwemmungen überdeckt, bestehend aus feinem und groben Sand, mit größeren Steinen, Kiesschichten, Holz- , Kohlen-, und Pflanzenresten durchsetzt.

Nach den vorgefundenen Bodenverhältnissen konnte der Bau des Schachtes St. Pauli ohne besondere Hilfseinrichtungen mittels Wasserhaltung durch Pumpen ausgeführt werden. Für den Schachtbau Steinwärder und für den Tunnelvortrieb musste dagegen, augrund zu hoher Wasserdrücke, mit Pressluft gearbeitet werden. Die gesamte Installation für den Pressluftvortrieb wurde deshalb nach Steinwärder gelegt und später der Vortrieb der beiden Tunnelröhren nur von dieser Seite des Elbufers aus vorgenommen.

„Insgesamt war der Ablauf wie folgt vorgesehen: Zunächst Absenken des Fahrschachtes Steinwärder bis zum Frühjahr 1908 und dann von dort aus Vortrieb des Tunnels, was etwa 2 ½ Jahre erfordern würde. Im Frühjahr 1909 sollten die Arbeiten auf St. Pauli mit der dortigen Schachtabsenkung beginnen, um rechtzeitig fertig zu sein, wenn der Tunnelvortrieb das rechte Elbufer erreichte. Der Durchstich wurde für den Sommer 1910 erwartet, in dem auch alle anderen Anlagen, wie Einfahrthalle, Zollgebäude usw. erbaut werden sollten. Die „Vollendung des Werkes“ war für das Frühjahr 1911 terminiert.“

Der Schildvortrieb

Bereits im 1800 Jahrhundert entwickelte der französisch-britische Ingenieur, Architekt und Erfinder Marc Isambard Brunel ein Schildvortrieb für den Unterwassertunnelbau. Er war zusammen mit dem später ebenfalls in diesem Bereich in Erscheinung tretende Ingenieur James Henry Greathead einer der Pioniere die maßgeblich an der Entwicklung der Tunnelbohrmaschine beteiligt waren.

Brunel entwarf und baute den ersten Unterwassertunnel der Welt in England unter der Themse, den „Thames Tunnel“. Zusammen mit seinem Sohn Isambard Kingdom Brunel, als verantwortliche Bauingenieure, begann er 1825 mit dem Bau des Tunnels. Da es keine bis dahin gemachten Erfahrungen in diesem Bereich des Bauwesens gab war dieser Bau von vielen unvorhergesehenen Ereignissen und Havarien begleitet und zwischenzeitlich wurde der Bau sogar aus technischen sowie finanziellen Gründen für sieben Jahre gestoppt. 1836, mittlerweile unter der alleinigen Leitung Isambard Kingdom Brunels, wurde ein neuer Tunnelbohrschild installiert und die Arbeiten wieder aufgenommen. Bis zum Ende des Baus gab es noch weiterhin viele Unfälle, Havarien und somit Verzögerungen im Bauablauf, dennoch konnte der Tunnel am 25. März 1843 für den Fußgängerverkehr geöffnet werden.

Heute ist der Tunnel nach wie vor in Betrieb. Es bedurfte im Laufe der Zeit immer wieder neuer Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen, aber der Tunnel ist nach wie vor in Betrieb. Er wird heute von der London Underground benutzt.

James Henry Greathead trieb die Entwicklung der von Brunel entworfenen Tunnelbohrmaschine entscheidend voran, indem er ein eigenes, verbessertes Schildvortriebssystem entwarf. Greathead war Berater des in England zweiten dieser Art gebauten Tunnels, dem „Blackwall Tunnel“. Der Tunnel ist ein reiner Straßentunnel, er unterquert ebenfalls die Themse und besteht aus zwei Röhren. Er war zum damaligen Zeitpunkt mit 1344 Metern der längste Tunnel der Welt. Die Erste, unter der Leitung von Greathead gebaute Röhre wurde 1897, nach fünf Jahren Bauzeit, fertiggestellt. Die zweite Röhre kam erst wesentlich später dazu. Sie wurde um das Jahr 1967 gebaut und fertiggestellt.

Bis zum Bau des Elbtunnels 1907 gab es weltweit noch zwei handvoll weitere Projekte die allesamt die technische Entwicklung im Tunnelbau vorantrieben.

Wie schon erwähnt war es der Firma Holzmann möglich auf diese vorausgegangenen Projekte und die gemachten Erfahrungen zurückzugreifen, als auch Verbesserungen hinzuzufügen. So kam es, dass, als der Elbtunnel 1911 eröffnet wurde, er einer der technisch ausgereiftesten Entwicklungen im Tunnelbau war.

Ausführlicher Text zum Herunterladen: Alter Hamburger Elbtunnel (pdf, 110 KB)

Fotomaterial

Druckluftkammer

Schild

Schacht Steinwärder

Schacht St. Pauli

Tunnelsegmente

Tunnel

Plakat

 

Logos zum Interflex-Projekt

Diese Arbeit ist Resultat einer interdisziplinären Lehrveranstaltung an der Fachhochschule Potsdam, finanziert aus Mitteln des Projekts “InterFlex – Förderung von Interdisziplinarität und Flexibilität zur Integration von Forschung, Wissens- und Technologietransfer in die grundständige Lehre”.
“InterFlex” wurde im Rahmen des – vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Kultusministerkonferenz ausgelobten – Wettbewerbs “Exzellente Lehre” ausgezeichnet und wird mit Mitteln des Stifterverbandes und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg realisiert.

1 Kommentare

  1. Mary Maynard sagt

    An wen auch immer,
    ich bin im Alter Elbtunnel auf eine Kachel gestoßen mit der Zahl 13. Wofür steht diese Zahl? Konnte bis dato keine Information darüber erhalten.

    Würde mich sehr über eine Antwort freuen

    Herzlichen Dank im voraus

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